Szenische Lesung des dokumentarischen Theaterstücks von Dieter Schenk
Heinrich Anton Wolf gehörte zu den Juristen im nationalsozialistischen Deutschland, denen auch in der jungen Bundesrepublik alle Türen offen standen. Als Mitglied der NSDAP und begeisterter Anhänger der völkischen Idee war der junge Jurist verantwortlich für eine Rechtsprechung, in der Staatsraison und ideologische Ausrichtung Vorrang eingeräumt wurde vor Gerechtigkeit und Achtung der Menschenwürde. Durch Falschaussagen und Gefälligkeitsgutachten entlastet, konnte er nach Kriegsende jedoch seinen beruflichen Werdegang fortsetzen und hohe juristische Ämter ausüben. Die vom hessischen Generalstaatsanwalt Fritz Bauer angekündigte Überprüfung aller leitenden Beamten bewegte ihn zum Ausscheiden aus dem Staatsdienst und zur Annahme eines Mandats im Hessischen Landtag. Danach war er noch für vier Jahre als Landrat des Landkreises Limburg-Weilburg tätig. Sechsundsiebzigjährig starb er 1984 als öffentlich geehrter Mann. Erst fünfundzwanzig Jahre nach seinem Tod wurden seine Verfehlungen in der NS-Zeit publik gemacht und die offiziellen Würdigungen seiner Arbeit skandalisiert. Heute steht der Name Heinz Wolf für Opportunismus, persönliche Skrupellosigkeit, das Wirken von Seilschaften, die Ignoranz von bundesdeutschen Behörden und einen zynischen politischen Pragmatismus in der westdeutschen Nachkriegszeit.
Der Kriminalist, Autor und Publizist Dieter Schenk hat sich der Biografie Heinz Wolfs angenommen und in seinem dokumentarischen Theaterstück ein detailliertes Bild von Person und Zeitgeschichte gezeichnet. Stefan Dehler, Christoph Huber und Kathrin Müller-Grüß stellen den ursprünglich monologischen Text nun in einer mehrstimmigen Leseperformance vor.
Insgesamt fünf öffentliche Aufführungen finden im Zeitraum vom 13. bis zum 22. Juni 2024 im Göttinger APEX statt. Mit der Produktion setzt das Ensemble seine Reihe HUNDSTAGE fort, in der es Themen und Präsentationsformen abseits des Spielplanrepertoires auf die Bühne bringt. Die Produktion entstand in Zusammenarbeit mit der Göttinger Sektion von amnesty international, mit Unterstützung durch den APEX Kultur e.V. und mit Förderung durch den Landschaftsverband Südniedersachsen e.V..
13./14./20./21./22. Juni
20.15 Uhr
APEX Burgstraße 46
37073 Göttingen